Jul 122013
 

Heute mal wieder eine etwas ältere Geschichte von mir. Viel Spaß! 🙂

Jan – Ein Tag im Leben eines Vierenwächters

Ein kreischendes Geräusch ließ ihn aufschrecken. Kerzengerade saß er auf seinem Lager und blickte im ersten Moment orientierungslos um sich. Dann streckte sich seinen Hand aus, um die Taste: „5 MIN SCHLUM“ zu drücken. Zufrieden kroch er wieder in seinen Schlafpelz. Keine zwei Sekunden später schlief er wieder tief und fest. Sein Wecker machte sich in dieser Zeit auf den Weg, um, kaum fünf Minuten später erneut mit diesem nervtötenden Geräusch seiner Aufgabe nachzugehen. Diesmal konnte Jan dem Geräusch nicht durch einen Druck auf die Schlummertaste entgehen, denn als er nach dem Wecker Ausschau hielt, sah er ihn am anderen Ende des schmalen Raumes vor Freude hüpfen. Wütend schleuderte Jan sein Kissen in diese Richtung, aber der Wecker wich geschickt aus und sprang nur noch heftiger auf und ab. Die Phonstärke seines Klingelns nahm dabei beträchtliche Ausmaße an.

Jan fügte sich und schwang sich auf seine Füße. Oh Mist! Er hatte vergessen, daß er am Fußende aufstehen wollte, um den Gelschuhen zu entgehen. Denn, sobald seine Füße den Boden berührten, verwandelte sich der Vorleger und eine gelartige Masse umschloß seine Füße. Jan wurde förmlich hochgezogen. Die Verbindung zwischen seinen Gelschuhen lief in der Schiene, die seine ganze Wohnung durchzog. Fast fiel Jan vornüber, konnte sich aber gerade noch abfangen und fügte sich in sein Schicksal. Allerdings nicht, ohne einen lauten Fluch auszustoßen. Die Quittung dafür bekam er sofort. Ein leichter Stromstoß kroch seine Waden hinauf und verursachte ein Ziehen durch Jans ganzen Körper.
„Ja, ja, schon gut! Ich bin ja wach und geh schon. Ihr braucht mich nicht noch zusätzlich zu ärgern!“, brummelte er vor sich hin und hoffte inständig, die Zentrale hätte es nicht gehört. Auf solche Beschimpfungen stand eine Stromtherapie. Diese sonderbare Therapie schaffe es sogar aus widerspenstigen Halbwesen brave Erdenbürger zu machen hörte er und wer einmal eine große Therapie überlebt hatte, achtete sorgfältigst auf seine Äußerungen. Es wurde im Untergrund sogar gemunkelt, einige Wesen hätten sich die Stimmbänder verletzt, nur um von den Sensoren der Zentrale nicht mehr belauscht werden zu können.
Zum Glück gab es noch Behausungen, die mit einem Sichtschutz versehen waren und so unterhielten sich diese Wesen durch eine eigene Zeichensprache. Der Ruf, welcher ihnen vorauseilte war Angsteinflößend genug.

Nachdem Jan in der Küche angekommen war und sich sein Frühstück aus dem Zubereiter genommen hatte, wollte er sich setzen und ein paar Minuten Ruhe vor den Anstrengungen des kommenden Tages schöpfen. Dies war ihm jedoch nicht vergönnt, sobald Jans Füße still standen, machte sich die Verbindung der Gelschuhe mit der Schiene bemerkbar und zog ihn unaufhaltsam in Richtung Dusche. ‚Na, das kann ja heiter werden!‘, dachte sich Jan und ließ sein Frühstück fast unberührt stehen.

Die Schuhe ließen ihn für kurze Momente frei, damit er seiner Morgenhygiene nachgehen konnte. Als er das Bad verließ, schlossen sich die Gelschuhe wieder eng um seine Füße. Er würde ihnen wohl nie entkommen! Wütend stapfte er los und vermutlich freuten sich die Aufpasser in der Zentrale über seinen forschen Schritt, mit dem er jetzt die Wohnung verließ. Sobald er seine Tür hinter sich schloß, zog sich der Key, also die Verbindung der Schuhe untereinander und mit der Schiene, zurück und blieb in der Verankerung. Trotzdem war Jan nicht frei in seinen Entscheidungen wohin er gehen wollte und was er zu tun gedachte. Im großen Flur befanden sich überall Kameraaugen, die jeden seiner Schritte überwachten. Sobald er versuchte einen falschen Weg einzuschlagen, leuchteten vor ihm Laserstrahlen auf. Jan hatte einmal versucht einen solchen Strahl zu durchbrechen, die große Narbe an seinem Unterarm zeugte noch heute davon und wenn er sich einem solchen Strahl näherte begann sein Hirn einen intensiven Schmerz auszusenden.
Jan war nicht groß gewachsen, genaugenommen gehörte er zu einer der kleinsten Arten auf diesem Planeten.

Endlich hatte er mehrere Schleusen passiert und befand sich in dem großen Raum, in dem er heute arbeiten sollte. Die Zentralrechner mussten gewartet werden und Jans Aufgabe bestand darin, die großen Bugs zu bekämpfen und, wenn möglich, unschädlich zu machen. Er war noch keinem dieser Halbwesen begegnet, hoffte auch, daß dies so bleiben würde.
Jan bewegte sich vorsichtiger, als er ein unbekanntes Geräusch vernahm. Lautes Schmatzen und Grunzen war aus einem Winkel zu hören. Jan duckte sich und schlich näher. Vorsichtig schaute er um die große Zentralmaschine herum und dann sah er ihn. Das musste ein Bug oder Virus sein. Wie hatte der hierher gelangen können? Hastig zog sich Jan zurück und drückte den Alarmknopf. Ein ohrenbetäubendes Geräusch ließ ihn zusammensinken, alle Maschinen standen still und außerhalb seiner Welt wurde auf einem Monitor eine Virenwarnung und gleich darauf ein Totalabsturz aller Systeme ausgegeben.

Waren es Minuten, Stunden oder Tage?

Jan hatte kein Zeitgefühl mehr als er erwachte. War er eingeschlafen?
Die Maschinen summten leise und ein Leuchten erinnerte ihn daran, dass er gleich abgelöst würde. Zum Glück war er rechtzeitig erwacht, auch wenn er sich nicht mehr daran erinnerte was geschehen war und sich total kaputt fühlte.

Da kam auch schon seine Ablösung und Jan schaute sich noch einmal im Raum um, bevor er wieder nach Hause ging und sich erschöpft auf sein Lager legte …

Ein Tag im Leben eines Virenwächters neigte sich dem Ende zu.

Liebe Grüße

cat
[ratings]

 Veröffentlicht von am 12. Juli 2013 um 22:12  Kennzeichnung:

  2 Antworten zu “Jan – Ein Tag im Leben eines Virenwächters”

  1. Wow, liebe cat,

    was für eine einfallsreiche Geschichte, die ich mit Spannung und Freude gelesen habe!!!

    Einen zauberhaften Tag für Dich!!

    Liebe Grüße
    Manuela

    • Ganz herzlichen Dank, liebe Manuela.
      Ich hoffe, du hattest einen guten Start in die neue Woche.

      Liebe Grüße

      cat

 Antworten

Du kannst diese HTML Tags und Attribute benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>

(erforderlich)

(erforderlich)